LINO VENTURA


In höchstem Maße Respekt einflößend, stets ein wenig griesgrämig, gemischt mit einem Hauch Melancholie als Prototyp des meist wortkargen Einzelgängers, das konnte nur einer: Lino Ventura. Mehr "Mann" geht nicht. Sein markant-männliches Erscheinungsbild und die enorme darstellerische Bandbreite seiner Charaktere sorgten für eine Leinwandpräsenz, an der sich die heutige Schauspielergeneration immer noch messen lassen muss. Lino, für mich der beste, wortkargste und menschlichste Muffel der Filmgeschichte. Chapeau!


KURZBIOGRAFIE

Lino Ventura (Angelo "Lino" Borrini) wurde am 14. Juli 1919 in Italien (Parma) geboren und kam im Alter von zehn Jahren mit seinen Eltern nach Frankreich. Der gelernte Mechaniker wurde 1950 Europameister im Freistilringen und betätigte sich mitunter auch als Veranstalter von Catchturnieren. Eine Sportverletzung zwang ihn jedoch dazu, den Profisport aufzugeben. Im Jahr 1953 bekam Lino, der keinerlei Schauspielerfahrung hatte, die Rolle des (natürlich!) schweigsamen Unterweltlers Angelo in Jaques Becker's "Touchez pas au grisbi / Wenn es Nacht wird in Paris".

Die Freundschaft zu Jean Gabin förderte seine Karriere als Schauspieler und bereits 1960 spielte er neben Jean-Paul Belmondo die Hauptrolle in "Classe tous risques / Der Panther wird gehetzt" von Regisseur Claude Sautet. Das schauspielerische Talent war beeindruckend und seine Karriere als Charakterdarsteller damit quasi ein Selbstläufer. Es ermöglichte ihm, mit internationalen Spitzenregisseuren, darunter Vittorio de Sica, Louis Malle und Jean-Pierre Melville, zu drehen. Unweigerlich avancierte Lino damit zum legitimen Nachfolger eines anderen bärbeißigen (wen wundert's!) Superstars des französischen Kinos: Jean Gabin.

Es folgten zahlreiche, auch international erfolgreiche Kinofilme, von denen "L'armée des ombres / Armee im Schatten", "La bonne année / Ein glückliches Jahr", "L'emmerdeur / Die Filzlaus" (mit Jaques Brel) und vor allem "Garde à vue / Das Verhör", eine Art kriminalistisches Kammerspiel im Duell mit Michel Serrault, die bekanntesten sein dürften und ihn endgültig zur allerersten internationalen Garde aufstiegen ließen.

Sein unspektakuläres Auftreten in der Öffentlichkeit, das soziale Engagement (wohl bedingt durch die schwere Behinderung seiner Tochter) und Filmrollen in mehr als 80 Filmen machten in bereits zu Lebzeiten zu einer Legende und einem Superstar in Frankreich. Lino Ventura verstarb im Alter von 68 Jahren am 22. Oktober 1987 in Saint-Cloud in der Nähe von Paris.

Mein Lieblingsfilm mit Lino Ventura:
"Das Verhör": ein kriminalistisches Kammerspiel ohne jeglichen aufgeblasenen Hollywood-Bombast. Hervorragende Dialoge, psychologisch raffiniert und mit überraschenden Wendungen in guter alter Filmtradition. Eine Paraderolle für Lino Ventura, der hier sein gesamtes schauspielerische Talent unter Beweis stellt. Wer jemals das Pseudo-Remake "Under Suspicion" à la Hollywood gesehen hat, weiss wovon ich rede ...

 

KLEINE FILMAUSWAHL