DER NACHKRIEGSFILM


1945 bis etwa 1960

ENTWICKLUNGEN DES NACHKRIEGSFILMS

 

Während die amerikanische Filmproduktion weitgehend ihren gewohnten Gang lief, stand der europäische Film vor einem Neuanfang.

Die ersten europäischen Nachkriegsfilme entstanden in Italien; diese waren aus Gründen des Materialmangels so minimalistisch, dass sie auf sämtliche Effekte verzichteten und oft sogar von Laiendarstellern gespielt wurden. Sie behandelten das Leben der kleinen Bürger und enthielten somit ein großes sozialkritisches Potenzial. Man bezeichnet diese Art Film, dessen wichtigster Regisseur Roberto Rossellini war, als Neorealismus.

In Deutschland wurden sogenannte Trümmerfilme gedreht, die das Elend, das durch den Krieg hervorgerufen worden war, zeigten und damit auch Kritik am Geschehenen übten.

Die europäischen Stilrichtungen, allen voran der italienische Neorealismus, blieben nicht ohne Auswirkung auf den amerikanischen Film: Das Genre des Film noir, das 1941 entstanden war, übernahm einige Elemente des Neorealismus. Während der McCarthy-Ära der frühen 1950er Jahre wurden viele Filmschaffende in den USA aufgrund kommunistischer Inhalte in ihren Filmen verfolgt. Es ist verständlich, dass die Qualität der allgemeinen Filmproduktion dadurch einen Rückschlag erlitt. Weiteres Merkmal der Ära sind die Science-Fiction-Filme, die in großer Zahl hergestellt wurden. Sie handelten meist von Invasionen Außerirdischer (z. B. Der Tag, an dem die Erde stillstand) oder anderer feindlicher Körper (z. B. Formicula) – eine Allegorie der Angst vor dem Kommunismus.

Ein weiterer Einschnitt in die amerikanische und weltweite Filmgeschichte ist die Verbreitung des Fernsehens, das eine ernsthafte Konkurrenz für das Kino darstellte. Als Konsequenz musste sich das Kino weiter entwickeln, um länger das Publikum anziehen zu können. So wurden eine Vielzahl technischer Neuerungen eingeführt, die das Kinoerlebnis attraktiver machen sollten: Die wichtigsten sind das Breitbildformat, Stereoton und Farbe (die schon früher vereinzelt in Filmen eingesetzt worden war, aber nun zum Standard wurde). Andere Spielereien, wie z. B. 3D-Filme, konnten sich auf Dauer jedoch nicht durchsetzen. All diese Neuerungen konnten allerdings nicht verhindern, dass das Kino eine jahrelange Rezession erfahren musste.

Die finanzielle Krise erforderte einen grundlegenden Strukturwechsel der Filmindustrie. Per Gesetz wurde das monopolistische Agieren der großen Studios unterbunden, was letztlich zum Ende des amerikanischen Studiosystems beitrug. Immer mehr Filme wurden mit niedrigen Budgets und unabhängig produziert. Die Internationalisierung des Kinos durch Im- und Exporte weltweit schuf ein neues, vielfältigeres Spektrum an Filmen. Eine besondere neue Vermarktungsstrategie war die Orientierung am jugendlichen Publikum: Musikfilme oder Helden wie James Dean lockten die Jugend an und boten ein Identifikationspotenzial für junge Menschen; Autokinos waren beliebt und weit verbreitet.

In Europa begannen einige Regisseure einen eigenen, unverwechselbaren Stil zu prägen. Nennenswert wären hier Federico Fellini aus Italien, Ingmar Bergman aus Schweden oder Jacques Tati aus Frankreich. Erstmals spielte auch Japan eine Rolle in der internationalen Filmwelt, seit Akira Kurosawas Film Rashomon (1950) den Goldenen Löwen gewonnen hatte.