Kinostrophal

Liebe Kinobesitzer, ja, es stimmt: Ihr habt mächtig was getan. Früher waren die Sitze zu hart, der Ton war schlecht und hin und wieder hatte man den Eindruck, die Putzfrau wäre unterbezahlt. Kein Vergleich mehr zu heute. Darum gehe ich auch als Heimkinobesitzer durchaus auch noch in's Kino. Peter Jacksons King Kong sollte es diesmal sein.

 

Meine Vorfreude wurde jedoch bereits dadurch getrübt, dass der kinoeigene Parkplatz besetzt war. Okay, das kann passieren. Aber schon erwischte ich mich dabei, wie ich Parkplatzgebühren und Eintrittspreis addierte. Das reichte noch nicht für die Special-Edition-DVD. Ihr wisst, was ich meine? Noch war alles im Lot. Im Kassenbereich musste ich feststellen, dass es doch eine Menge King Kong-Fans geben musste. Prima, da sage noch einer, die Zukunft des Kinos stehe auf wackeligen Füßen. Natürlich hatte ich meinen Platz bereits über Internet bestellt und die Kassenabfertigung ging auch erfreulich flott über die Bühne. Kino ist halt immer noch ein Erlebnis.


Der Saal füllte sich - die Vorstellung war ausverkauft. Dank moderner Saalkonzeption ist die Gefahr, dass ein Sitzriese die Sicht auf die Leinwand versperrt, relativ gering. Und Leute zu beobachten, bevor die Vorstellung anfängt, ist mindestens genauso spannend wie ein Kinofilm. Sie waren alle da: die XXL-Popcorn-Esser, die Nachos-Kracher, die Chips-Knisterer und die Zehn-Minuten-Mantel-Auszieher. Nur die drei handyschwingenden Schüler zwei Reihen vor mir fielen durch die Lautstärke ihrer Unterhaltung etwas aus dem Rahmen.

Licht aus, es ging los und ich zuckte ehrlich zusammen. Der Ton des Trailers war viel zu laut, obwohl ich gehobenen Lautstärken im eigenen Heimkino nicht abgeneigt bin und auch gewohnt war. Okay, okay wird schon werden. Übrigens wirkt Werbung umso penetranter, je lauter der Ton ist. Pause. Viermal aufstehen, weil Damen in meiner Reihe zur Toilette mussten. Hoffentlich schaffen sie's rechtzeitig bis zum Beginn des Films. Natürlich nicht! Und der Ton des Hauptfilms war immer noch viel zu laut.

Liebe Kinobesitzer, ihr habt Tausende von Euros in die wirklich superben Tonanlagen investiert, aber müsst ihr sie deswegen drei Stunden lang austesten? Was sind das für Vorführer, die den Verstärker bis zum Anschlag aufdrehen und dann vermutlich Kaffee trinken gehen? Habt ihr noch alle Tassen im Schrank? Das ist nicht das erste Mal, dass mir die Ohren wegfliegen und bei Beschwerden ist es wie in der Politik: kein Verantwortlicher ausfindig zu machen. Zu allem Unglück versuchten die ohnehin schon lauten handyschwingenden Schüler den Filmton mit ihren Kommentaren zu übertreffen.

Das war's. Auf dem Heimweg beschloss ich einen dreimonatigen Kinoboykott, das Geld lieber in meine geliebten Special-Edition-DVDs zu investieren und in meinem Heimkino zu genießen. Den Vorführer dort kenne ich nämlich besonders gut ...

Natürlich war dieser Kinobesuch nicht repräsentativ und nichts kann das Kinoerlebnis ersetzen. Aber ich erinnere mich an Zeiten, wo Störenfriede zur Ordnung gerufen wurden und Vorführer auch ihren Beruf ausübten. Immerhin habe ich Eintrittsgeld bezahlt und erwarte hierfür auch einen Gegenwert. Und der besteht nicht aus Massenabfertigung: hinsetzen, Klappe halten, heimgehen. Ich wusste es schon immer: der Niedergang der Kinokultur begann mit der Wegrationalisierung der netten Platzanweiserin mit ihrer Taschenlampe.

 

Wo ist mein Popcorn?